Arbeiten mit Quellen
Quellentypen
Aus dem 19. Jahrhundert (Johann Gustav Droysen / Ernst Bernheim) stammt die Unterteilung in "Überreste" und "Tradition".
1. Tradition
Tradition bezeichnet die "willkürliche" (absichtsvolle) Überlieferung, die zum Zweck der Unterrichtung der Nachwelt geschaffen wurde. In diese Gruppe gehören
Schriftliche Quellen, z.B.
- Memoiren
- Chroniken
- Reiseberichte
- Geschichtsschreibung
Gegenständliche Quellen, z.B.
- Denkmäler
- Residenzen
Oral History (Zeitzeugenbefragung)
2. Überreste
Unter Überreste versteht man "unwillkürliche" (ohne gezielte Überlieferungsabsicht entstandene) Zeugnisse der Vergangenheit.
Schriftquellen, z.B.
- Geschäfts- und Verwaltungsschriftgut (Urkunden / Akten)
- Rechtsquellen: staatliche Verträge, Parlamentsdebatten, Gesetzessammlungen
- Privates Schriftgut: Briefe, Tagebücher, Geschäftsbücher
- Statistische Erhebungen: ökonomische / demografische Daten
- Publizistik: Pamphlete, Flugblätter, Zeitungen, Zeitschriften, Filme, Tonaufnahmen
- Literatur aus Kunst, Wissenschaft und Unterhaltung: Romane, wissenschaftliche Darstellungen, Dichtung
Bildquellen, z.B.
- Gemälde
- Druckgrafik
- Karikaturen
- Fotografien
- Karten
Gegenständliche bzw. abstrakte Quellen, z.B.
- Gebäude
- Waffen
- Haushaltsgegenstände
- Münzen
- Grabstätten
- Sprache
- Recht
- Geografie
Diese gebräuchliche Unterscheidung in "Tradition" und "Überreste" ist nicht unproblematisch, suggerieren doch die Überreste höheres Maß an Objektivität und Verlässlichkeit als die Traditions-Quellen, denen man von vorne herein einen größeren Interpretationsgehalt unterstellen mag.
Der Frühneuzeit-Historiker Winfried Schulze mahnt zu einer gleichermaßen kritischen Untersuchung:
"Ich halte die Unterscheidung für ebensowenig sinnvoll wie die Unterscheidung willkürlicher und unwillkürlicher Überlieferung. Sie kann sogar gefährlich sein, weil solche Einteilungen möglicherweise die weitere Nutzung präjudizieren können. Vielmehr muß gelten, daß alle Quellen den gleichen kritischen Verfahren unterzogen werden müssen, um sie zum Sprechen zu bringen. Die innere und äußere Kritik muß unbeeinflußt von a priori-Kategorisierungen angewendet werden."
(Winfried Schulze: Einführung in die Neuere Geschichte, 2. Aufl. Stuttgart 1991, 33)