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Grundlagen

Vorbemerkung: Da die Netzwerktheorie vor allem aus dem englisch-sprachigen Raum stammt und man nicht so leicht (und vor allem nicht eindeutig) alle Begriffe der Analysemethode übersetzen kann – zumal diese englischen Begriffe in den meisten Publikationen zur Netzwerktheorie verwendet werden, auch in deutschsprachigen – werde ich hinter den deutschen Begriffen in Klammern immer auch die entsprechenden englischen Begriffe angeben.

Die Ironie der Geschichte ist, dass das eigentliche theoretische Grundkonzept und die ersten Begrifflichkeiten/Metaphern wie z.B. ‚Netz‘ eigentlich von deutschen Soziologen des frühen 20. Jhd. stammen, welche diese Ideen im Zuge von Migration oder Flucht in den 1930ern vor allem in die USA exportierten, wo dann Netzwerktheorie und -analyse erst umfassend erweitert und ausgebaut worden ist.

Beispiel

Ein konkretes (aber inhaltlich fiktives) Beispiel für ein Netzwerk wäre, verschiedene Keramikhändler und den Handel ihrer Waren mit/in verschiedenen Städten zu betrachten. Die beiden Entitäten wären dann Keramikhändler und Städte, die Beziehung „handelt mit Keramik“, die Stärke (die Gewichtung) der Beziehung könnte die Häufigkeit des Handels mit der entsprechenden Stadt sein (oder alternativ das Handelsvolumen). Dieses Beispiel könnte dann in etwa so aussehen (die gelben Knoten sind die Händler, die blauen die Städte):

Das Ganze könnte man jetzt natürlich noch komplexer machen, indem z.B. Stadt 1 und 3 einen selbstorganisierten Handel betreiben (oder Stadt 4 handelt mit einer weiteren Stadt 5, zu dem die Händler keinen Zugang haben, usw.), dies soll aber als Beispiel in der Form erst einmal genügen. Hieran wird aber auch bereits deutlich, wie stark abstrahierend Netzwerkmodelle sein können, wenn man vergangene Phänomene betrachten möchte. Dieses vergangene Phänomen muss daher zuerst abstrahiert und dann in ein Netzwerk-Konzept gebracht werden. Anhand dessen sucht man nach repräsentativen Netzwerk-Daten (entweder trägt man diese neu zusammen oder entnimmt sie aus einer bereits vorliegenden Quellensammlung ), welche dieses Netzwerk-Konzept quantifizierbar oder qualifizierbar und somit analysierbar machen. Möchte man z.B. den Handel zwischen Individuen untersuchen, wäre das abstrahierte Netzwerk-Konzept davon, dass soziale Entitäten interagieren und ein Warenaustausch stattfindet. Die Repräsentation des Konzepts wäre dann, dass Individuum A und Individuum B Güter austauschen (s. Abb. 3). Auf den konkreten Prozess der Datenbeschaffung werde ich nicht eingehen können, da dieser für jede Fachrichtung mitunter sehr unterschiedliche sein kann (z.B. nutzen Soziolog*innen Umfragen, Beobachtung und dergleichen, Historiker*innen Dokumente und Archive, Archäolog*innen materielle Hinterlassenschaften, usw.).

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