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Wiener Studenten und Wiener Bürger im Spätmittelalter. Die Geschichte einer schwierigen Beziehung

Die Gründungsprivilegien der Universität Wien

Andrea Bottanová

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Zu Beginn des Jahres 1365, lud Rudolf IV., Herzog von Österreich, die Großen seines Landes zur Stiftung des Allerheiligenkapitels nach Wien, die am 16. März abgehalten wurde. Vier Tage vorher versammelte er die bereits angetroffenen Gäste um sich und präsentierte ihnen ein auf Deutsch verfasstes Universitätsgründungsprivileg. Daran schloss sich die Unterzeichnung und Besiegelung einer lateinischen Fassung der Stiftungsurkunde an, die die ursprünglichere von den beiden war, die man aber wohl mit Rücksicht auf die anwesenden Laien (oder vielleicht auf ihre übermäßige Länge?) nicht zum Vorlesen bestimmt hatte. Die Stadt Wien stellte unter demselben Datum eine eigene Urkunde aus, in der sie sich verpflichtete, die Hochschulprivilegien zu achten und zu schützen. <footnote data-anchor="anmerkung1" data-id="fn1">[1]</footnote>

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Die Wiener Bürgerschaft war der Gründung einer Universität in der Stadt jedoch alles andere als wohlgesinnt. Bereits Rudolfs Konzept eines ummauerten quartier latin, deren Einwohner von der Jurisdiktion der Stadt ausgeschlossen, von den Steuern befreit und mit zahlreichen zusätzlichen Sonderrechten versehen werden sollten, musste für die Bürger, die unter dem Steuerzwang des Herzogs zu leiden hatten, eine große Provokation darstellen. Außerdem würden sie die potentielle Gefahr verspürt haben, die von einer großen Gruppe von männlichen Adoleszenten konzentriert auf einem relativ kleinen Raum ausging – sie hatten gewiss bereits einige unerfreuliche Erfahrungen mit den Schülern der Bürgerschule zu St. Stephan gemacht. Letztere hat durch die Gründung der Wiener Universität ihren Prestigestatus unter anderen Wiener Schulen verloren. <footnote data-anchor="anmerkung2" data-id="fn2">[2]</footnote>

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Doch war es gerade sie, die nach dem Tod Rudolfs IV., dem Abgang des ersten Rektoren, Albert von Sachsen, und finanziellem Kollaps die wenig erfolgreiche und akzeptierte Universität unterstützte, wobei die sowohl mit räumlichen als auch mit personellen Kapazitäten aushalf. <footnote data-anchor="anmerkung3" data-id="fn3">[3]</footnote>

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Dieses Provisorium hielt offenbar, bis die Auseinandersetzungen an der Pariser Universität als Folge des großen Schismas dem Nachfolger Rudolfs, Albrecht III., nahelegten, kompetente Gelehrte nach Wien zu ziehen und den Status der Universität zu klären. Zu diesem letzteren Zweck stellte er 1384 für die Wiener Universität ein Privilegium aus - auch das Albertinum genannt – womit die Bestimmungen der Stiftungsurkunde Rudolfs klarer gefasst und gekürzt wurden. <footnote data-anchor="anmerkung4" data-id="fn4">[4]</footnote> Ebenfalls wurde ein Collegium ducale mit 12 Artistenmagistern gestiftet, acht Allerheiligenkanonikate für Angehörige der Universität reserviert und das Verhältnis von Universität und Stadt bzw. Bürgerschule (zumindest formell) geregelt. Die Universität wurde gegenüber der Stadt insofern in Schutz genommen, als einer der fürstlichen Delegierten zu ihrem Konservator gemacht wurde. Alle künftigen Wiener Amtsträger sollten bei Amtsantritt dem Universitätsrektor die Einhaltung der universitären Privilegien beschwören. <footnote data-anchor="anmerkung5" data-id="fn5">[5]</footnote>

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Beide Privilegien, sowohl das von Rudolf als auch das spätere von Albrecht machten aus der Wiener Universität also eine weitgehend autonome Institution mit besonderen Rechten, deren Mitglieder aus der städtischen Jurisdiktion herausgenommen waren (außer sie begingen ein Kapitalverbrechen) und wurden somit für die Bürger der Stadt zu einem Gegenüber, einem Gegner. Mittel und Wege der Universität ihre Grenzen zu zeigen, fanden sich verschiedene – von kleinen Rechtsstreitigkeiten bis zu Handgreiflichkeiten und aggressiven Ausfällen. <footnote data-anchor="anmerkung6" data-id="fn6">[6]</footnote>
 

Anmerkungen

<footnote data-anchor="fn1" data-id="anmerkung1">[1]</footnote> Frank Rexroth, Städtisches Bürgertum und landesherrliche Universitätsstiftung in Wien und Freiburg, in: Stadt und Universität, hg. Heinz Duchhardt (Städteforschung. Veröffentlichungen des Instituts für vergleichende Städtegeschichte in Münster, Reihe A: Darstellungen 33, Köln-Weimar-Wien 1993) 13-49, hier 17; P. CSENDES, Die Rechtsquellen der Stadt Wien (Fontes rerum Austriacarum, Abt. 3, Bd. 9, Wien 1986) 141-156; 156-173. Siehe auch Christian Lackner, Diplomatische Bemerkungen zum Privileg Herzog Albrechts III. für die Universität Wien vom Jahre 1384. MIÖG 105 (1997) 114-129. Karl Ubl, Anspruch und Wirklichkeit: Die Anfänge der Universität Wien im 14. Jh. MIÖG 113 (2005) 63-89.

<footnote data-anchor="fn2" data-id="anmerkung2">[2]</footnote> Rexroth, Städtisches Bürgertum, 18.

<footnote data-anchor="fn3" data-id="anmerkung3">[3]</footnote> Ebd. Vgl. Paul Uiblein, Universität Wien im Mittelalter (Schriftenreihe des Universitätsarchivs 11, Universität Wien, Wien 1999) 41, 42.

<footnote data-anchor="fn4" data-id="anmerkung4">[4]</footnote> Lackner, Diplomatische Bemerkungen, 115.

<footnote data-anchor="fn5" data-id="anmerkung5">[5]</footnote> Rexroth, Städtisches Bürgertum, 21, 22.

<footnote data-anchor="fn6" data-id="anmerkung6">[6]</footnote> Ebd., 23.

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