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Tutorium Quelleneditionen analog und digital

Einleitung

Das Tutorial richtet sich an Studierende und historisch Interessierte, die Antworten auf folgende Fragen suchen: Was ist eigentlich eine Quellenedition? Welches sind die Aufgaben und zentralen Inhalte von Quelleneditionen? Was bedeuten die Fachbegriffe, die in Quelleneditionen typischerweise vorzufinden sind? Und schließlich: Wie kann ich Quelleneditionen im digitalen Zeitalter für meine individuellen Interessen konkret nutzen?

Ausgangspunkt des Tutorials ist dabei die Beobachtung, dass die Distanz zwischen den Quelleneditionen und denjenigen, welche sie nutzen bzw. nutzen wollen, in wachsendem Maße größer wird. Dies liegt zum einen an der Komplexität vieler Editionen, deren Techniken und Terminologie dem ungeübten Nutzer auf den ersten Blick wie eine Art von schwer zu verstehender "Geheimwissenschaft" erscheinen. Schon allein die Tatsache, dass es eine eigene wissenschaftliche Disziplin "Editionswissenschaft" gibt, vermag die Außenstehenden nicht selten hermetisch anmutende Arbeit des Editors anschaulich zu illustrieren. Zum anderen ist mit dem digitalen Zeitalter eine neue Ära für die Editorik angebrochen, die es noch in vielerlei Hinsicht erfordert, Orientierung und Hilfestellungen zu vermitteln.

Vor diesem Hintergrund verfolgt das Tutorial mehrere Ziele:

  • Vermittlung von Grundlagenwissen im Hinblick auf die editorische Arbeit;

  • Orientierung innerhalb der in jüngerer Zeit stark beachteten Gruppe der digitalen Quelleneditionen; es sollen somit ‒ bildlich gesprochen ‒ Schneisen in das Dickicht dieser noch vergleichsweise jungen, expandierenden Quellengattung geschlagen werden;

  • Abbau von vorhandenen Hemmschwellen bei der Nutzung von Quelleneditionen.

Für Einsteiger empfiehlt es sich, nach dem Prinzip "Vom Allgemeinen aufs Spezielle" zu verfahren: In den beiden Abschnitten "Definition" und "Grundlagen" werden nämlich die Wissensfundamente dafür gelegt, dass die Ausführungen im Abschnitt "Quelleneditionen im digitalen Zeitalter" problemlos verstanden und eingeordnet werden können. In inhaltlicher Hinsicht wurde der Schwerpunkt auf Texteditionen zur Neueren Geschichte gelegt. Erläuterte editorische Fachtermini sind im Folgenden fett formatiert

Einleitend seien noch einige wenige Bemerkungen zur allgemeinen Bedeutung von Quelleneditionen erlaubt. Es kann beim gegenwärtigen Stand der Forschung kein Zweifel daran bestehen, dass Quelleneditionen zu den grundlegenden Werkzeugen von HistorikerInnen zählen. Zwar haben Quelleneditionen zum Teil immer noch mit dem überkommenen Image von biederer Faktenhuberei und verstaubtem Positivismus zu kämpfen (vgl. Hochedlinger, Ende, 2003). Auch wurde jüngst pointiert behauptet, es spreche "nichts für die Annahme, dass die Geschichtswissenschaft untergehen würde, wenn sie auf Quelleneditionen verzichten würde" (Schulze, Editionstätigkeit, 2005, S. 348). Es ist aber doch unstrittig, dass die Geschichtswissenschaft nicht das beachtliche Niveau aufzuweisen hätte, über das sie gegenwärtig verfügt, wenn es keine gründlichen Quelleneditionen gäbe.

Ohne die jahrelange Kärrnerarbeit hochspezialisierter Editoren, die nicht selten innerhalb von editorischen Großunternehmen tätig sind (zum Beispiel "Monumenta Germaniae Historica", "Deutsche Reichstagsakten" und "Acta Pacis Westphalicae"), stünde die Geschichtswissenschaft zweifelsohne auf einem weit weniger soliden Fundament. Editoren verfügen in aller Regel über gute paläografische und philologische Kenntnisse sowie ein beachtliches Potenzial an Spezialwissen, das sie in ihre Quelleneditionen einfließen lassen und dem Nutzer damit zur Verfügung stellen. Die Bedeutung elaborierter Quelleneditionen für die historische Forschung kann somit nach Ansicht des Verfassers kaum überschätzt werden. Sie steuern den Gang der Forschung insofern, als oftmals genau dasjenige intensiver erforscht wird, was durch Quelleneditionen gut dokumentiert ist. Für andere wissenschaftliche Disziplinen, etwa die philologischen Fächer, gilt mutatis mutandis das Gleiche.


Empfohlene Zitierweise
Michael Rohrschneider, Tutorium Quelleneditionen analog und digital (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/estudies/00011), in: historicum-estudies, 2014 (Datum des letzten Besuchs).