Recherchen im Internet – Beispiel 1
Diese aus dem realen Forschungsleben gegriffenen exemplarischen Recherchen im Netz sollen zum einen zeigen, wie Sie so etwas angehen können - sehr wahrscheinlich gibt es viele weitere Ansätze und Möglichkeiten, probieren Sie es aus. Die Beispielrecherchen sollen zum zweiten neben den Möglichkeiten auch die klaren Grenzen zeigen, die der Recherche online Anfang 2013 (noch) gesetzt sind, und sollen gleichsam auf die Nahtstellen zur analogen, besser noch: zur persönlichen Recherche weisen.
Quellen zur Geschichte eines Wirtschaftsunternehmens: Papierfabrik Kübler & Niethammer in Kriebstein (Landkreis Mittelsachsen)
Erste Überlegung: In Sachsen gibt es ein „Regionales Wirtschaftsarchiv“, das für die Überlieferung von Firmen, Kammern, Wirtschaftsverbänden im ganzen Bundesland zuständig ist. Über das Archivportal D, dort auf der Karte das Bundesland Sachsen und in der Spartenauswahl daneben „Wirtschaftsarchive“ angeklickt, gelangen Sie rasch auf dessen Internetseite. Hier klicken Sie auf der Kopfleiste Bestände an, und dann auf die Zeile Beständeübersicht nach Klassifikation. Es öffnet sich eine Liste von Unternehmen in alphabetischer Reihenfolge. Die scrollen Sie entweder herunter bis Kübler oder klicken Sie in der Kategorienauswahl auf Papier- und Zellstoffindustrie und landen einen Volltreffer: Unter der Bestandssignatur U 47 verwahrt das Sächsische Wirtschaftsarchiv 58,5 Regalmeter Unterlagen zur gesuchten Firma aus den Jahren 1823 bis 2010.
Nun müssen Sie nur noch mit dem Archiv in Kontakt treten und einen Termin vereinbaren, an dem Sie zunächst das Findbuch, dann die Archivalien im Lesesaal einsehen können. Bei Ihrem Archivbesuch sollten Sie die Gelegenheit nutzen, im Gespräch mit dem Fachpersonal die Frage zu klären, wo vielleicht noch weiteres Material der Papierfabrik Kübler & Niethammer liegen könnte.
Sie sind jedoch findig und kommen von alleine auf die
Zweite Überlegung: Diese lokal bedeutende, traditionsreiche Firma müsste auch im Kommunalarchiv Spuren hinterlassen haben! Doch weder im Archivportal D, noch auf der Internetseite der Gemeinde findet sich ein Hinweis auf ein Gemeindearchiv – es scheint keines zu existieren. Auf der nächsten Verwaltungsebene liegt der Kreis mit dem Kreisarchiv Mittelsachsen. Dessen Homepage bietet einen Link zur Beständeübersicht im PDF-Format. Unter 3.2 Gemeinden und Gemeindeverbände steht zwar nicht Kriebstein, aber immerhin ein Bestand Kriebethal mit Laufzeit 1549-2002 und dem Hinweis, dass das Archivgut am Standort Mittweida einzusehen wäre. Auf jeden Fall würde sich hier eine (schriftliche) Anfrage lohnen, die Archivarinnen in Mittweida kennen ihre Bestände am besten. Überdies hält das Kreisarchiv auch Sammlungen von Lokalzeitungen und zur Regionalgeschichte zur Nutzung bereit, und hier hat die Papierfabrik sicher auch ihren Niederschlag gefunden.
Dritte Überlegung: Der Vollständigkeit halber möchten Sie nun noch recherchieren, ob im zuständigen Staatsarchiv etwas zu Kübler & Niethammer vorhanden wäre. Doch welches ist das zuständige Staatsarchiv?
Über die Auswahl im Archivportal D „Staatliche Archive“ und „Sachsen“ gelangen Sie flugs auf die Homepage des Sächsischen Staatsarchivs und über den entsprechenden Button zur Beständeübersicht. Hier findet sich unter „9. Wirtschaft“ und weiter unter „Papier- und Zellstoffindustrie“ leider kein Bestand. Also zurück und in die Suchmaske – Obacht! es sollte die „Suche nach Archivgut“ sein, sonst durchsuchen Sie womöglich die Homepage „sachsen.de“ – „Kübler“ eingegeben: Es erscheint eine große Menge an Treffern zur Papierfabrik Kübler und Niethammer in den verschiedensten Beständen.
Bevor Sie die Seite verlassen, schauen Sie noch kurz, welcher der fünf Standorte des Sächsischen Staatsarchivs denn nun für Kriebstein und vielleicht für dort ansässige Unternehmen zuständig ist? Unter „Wer wir sind“ steht die Selbstdarstellung, hier klicken Sie auf „Organisation“ und finden unter dem Organigramm eine Karte von Sachsen mit farbig markierten Zuständigkeitsbereichen. Der Kreis Mittelsachsen ist dem Staatsarchiv Chemnitz zugeordnet. Vielleicht lohnt noch eine gezielte elektronische Anfrage an das Staatsarchiv in Chemnitz, ob außer den angezeigten Treffer weitere einschlägige Archivalien aus Beständen, deren Findbücher noch nicht digital vorliegen, zu erwarten wären?
Vierte Überlegung: Der Aufwand ist ja gering, also prüfen Sie noch rasch auf der Seite des Stadtarchivs Chemnitz, ob auch hier Unterlagen zum Thema verwahrt sein könnten. In der Beständeübersicht finden Sie heraus, dass in diesem Archiv – unter der Überlieferung des Amtsgerichts – das Handelsregister überliefert ist, fast 60 Regalmeter mit der Laufzeit 1862 bis 1989. Vermutlich ist eine Akte oder wenigstens ein Registereintrag zur Papierfabrik Kübler & Niethammer dabei.
Die Möglichkeiten der Recherche im Internet enden, wie diese Fragestellung zeigt, häufig auf der Ebene des groben Beständeüberblicks oder der etwas ausführlicheren Beständeübersicht. Vor dem weltweiten Veröffentlichen der viel detaillierteren Findbücher online scheuen viele Archive (noch) zurück – oder es mangelt an Mitteln dazu.