Literaturgeschichte (5)
Literaturgeschichte ist eine der zentralen Aufgaben der klassischen Philologie, auch in Bezug auf die Aufgaben des Historikers. Dabei geht es um viele unterschiedliche Fragen: welche Art von Gesellschaft bringt bestimmte Formen von Literatur hervor (z. B. die Epen Homers oder die Komödien des Aristophanes)? Staatsutopien und Staatstheorien der Antike sind bis in die Neuzeit hinein wichtig geblieben (z. B. die „Politik“ des Aristoteles) Literatur ist in der Antike oft gattungsgebunden: was sagt uns das für ihre Interpretation? Antike Historiker verstanden sich oft als Schriftsteller, d. h. Geschichtswerke wie die des Thukydides oder Tacitus sind von der zeitgenössischen Literatur und ihren Vorstellungen beeinflusst, der Historiker Xenophon war ein Schüler des Sokrates etc., die Verfassungsdebatte bei Herodot und die Vorstellung von einem Kreislauf der Verfassungen bei Polybios stehen in deutlich unterschiedlichen Traditionen.
Von solchen großen Problemen abgesehen, geht es in der Philologie natürlich immer auch um die Interpretation einzelner Werke und einzelner Stellen, sprachlicher Mittel im Großen und Kleinen, so dass in diesem Bereich der Zusammenhang mit der Alten Geschichte besonders deutlich ist: die zusammenfassende Würdigung des Tiberius in Tac. ann. 6, 50, 2 – 51, 3 wäre ein Beispiel dafür. In vielen Fällen werden einzelne Werke der antiken Literatur durch Kommentare erschlossen, die von Philologen oder Historikern verfasst sein können: sie sollten für jede einzelne Stelle Inhalt, Interpretation, Probleme und Lösungsvorschläge erschließen – und einem Benutzer so viel Arbeit abnehmen.
Literaturhinweise
M. v. Albrecht, Geschichte der römischen Literatur, 2 Bde., München 21994.
A. Dihle, Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit, München 1989.
R. Herzog / P. L. Schmidt (Hrsgg.), Handbuch der lateinischen Literatur I/IV/V/VI 1 u. 2, München 2002/1997/1989/2020.
B. Zimmermann / A. Rengakos (Hrsgg.), Handbuch der griechischen Literatur der Antike I/II, München 2011/4.