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Einführung: wieso 3D?

Bevor wir uns nun den technischen und konzeptionellen Hürden von digitalen 3D-Modellen widmen, stellt sich zuerst die Frage: wieso überhaupt 3D? Viele historische Gebäude, Transportmittel, Städte in bestimmten Epochen, Ritualgegenstände, Herrschaftsinsignien, Gewänder usw. aber auch nicht-materielle kulturelle Gegebenheiten wie etwa der Ablauf von Ritualen, Prozessionen, Versammlungen usw. sind heute nur noch anhand literarischer, dokumentarischer, ikonographischer und weiterer Quellen überliefert. Damit können wir als Historiker*innen uns der Lebenswelt und Gegebenheiten der Vergangenheit wissenschaftlich annähern und unsere Interpretationen in Form von Texten niederschreiben und teilen. Nun leben wir aber – heute wie damals – in einer genuin dreidimensionalen Welt.

Wenn man also nun über den Aufbau der ursprünglichen Kaiserpfalz Karls des Großen in Aachen oder der Entwicklung Kölns unter preußischer Herrschaft oder die Entstehung, Anpassungen, Erweiterungen der Reichskleinodien oder der zeitlichen Entwicklung der Hansekogge oder dem Wartburgfest oder zeitgenössische Kleidungsstücke (usw.) forscht, kommt man um irgendeine Art visuelle Darstellung meistens nicht mehr herum, da damit auch die Kommunikation innerhalb der akademischen Welt deutlich erleichtert werden kann; spätestens in der öffentlichen und musealen Kommunikation bedarf es solche visuellen Repräsentationen zur leichteren Wissensvermittlung an Laien. Allerdings muss man sich bewusst machen, dass jede Art der Vereinfachung auch Gefahren birgt. Als Beispiele dafür können TV-Dokumentationen dienen, welche digitale oder reale Rekonstruktionen in irgendeiner Art (sei es von Gebäuden, aber auch menschlichen Interaktionen mithilfe von Schauspielern) verwenden bis hin zum Histotainment. Digitale 3D Rekonstruktionen haben dabei gegenüber ‚traditionellen‘ Zeichnungen oder einfachen Lageplänen den medialen Vorteil, dass sie eben dreidimensional und nicht von Informationsverlusten durch perspektivische Verdeckungen betroffen sind, sowie gleichzeitig für verschiedene Zwecke, die auch über einen rein visuellen hinausgehen, benutzt werden können:

  • Aus einem 3D-Modell können x-beliebige Ansichten aus den verschiedensten Perspektiven erstellt werden – oder das 3D-Modell direkt selbst betrachtet werden
  • Man kann Größenverhältnisse leichter vermitteln
  • Sie können mit noch heute existierenden Überresten kombiniert werden
  • Sie ermöglichen bei entsprechender Bereitstellung den Zugriff auf Objekten, die aus allen Teilen der Welt stammen
  • Sie können in einen Kontext gesetzt werden (bspw. eine Einbettung in einem Raum oder Landschaft)
  • In virtual reality oder augmented reality Anwendungen kann man diese Modelle in Originalgröße betrachten und ‚erleben‘
  • Sie ermöglichen weiterführende Analysen (Sichtlinien, Licht und Schatten, mechanische Funktionalität, physikalische Simulationen, uvm.)

Dies ist nur ein Auszug der Möglichkeiten, die 3-D-Rekonstruktionen bieten. Wichtig hierbei ist: All diese aufgelisteten Möglichkeiten kann man i.d.R. mit ein und demselben 3D-Modell bewerkstelligen.