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Repräsentation von Vergangenheit: Quellenkritik für 3D Objekte

So anschaulich und einfach erfassbar 3D-Rekonstruktion auf dem ersten Blick erscheinen, zeigen die vorgestellten Schwierigkeiten (aber auch Vorteile), dass man sie in vielen Fällen nicht einfach so unkritisch betrachten oder verwenden sollte. Vielmehr bedarf es einer digitalen Quellenkritik, um sie einordnen zu können. Dazu zählt auch, dass man sich auch ohne einer begleitenden Dokumentation immerhin grundlegenden Kernfragen nach Autorenschaft und Zweck der vorliegenden Rekonstruktion nähern können sollte. Die nachfolgenden Punkte sollen hier eine zusammenfassende Hilfestellung bieten und gleichzeitig auch die Punkte hervorheben, die man selbst bedenken und erfüllen sollte, falls man selbst einmal eine 3D-Rekonstruktion beauftragen oder betreuen sollte.

  1. Kritisches Denken und Hinterfragen des vorliegenden Objekts

    1. Eine Einordnung der folgenden Punkte (auch denjenigen unter Punkt 2)  ist oft vom Ziel und Zweck der Rekonstruktion abhängig und sollte immer mit bedacht werden. Dazu zählen z.B. Fragen wie, ob eher ein wissenschaftliches oder (museums-)pädagogisches Interesse dahinter steckt, ob man sich bewusst für oder gegen einen Fotorealismus entschieden hat, ob die Rekonstruktion nach-genutzt werden soll für weiterführende Fragen, usw. 

    2. Der Computer ist kein Allheilmittel oder gar eine Zeitmaschine; Menschen mit ihrer jeweiligen unterschiedlichen Sozialisierung und professionellen Laufbahn  bedienen ihn, um - in diesem Fall einer Rekonstruktion - nach ihren Ideen und Interpretationen eine Repräsentation der Vergangenheit zu erstellen.

      • Wer hat also die Rekonstruktion für wen und ggf. mit welcher Zusammenarbeit erstellt?

    3. Methoden basierend auf der verwendeten Modellerdungstechnik hinterfragen

      • Welche Vor- oder Nachteile kann diese für das fertige 3D-Modell haben?

      • Was sagt uns das über den möglichen technischen Hintergrund der erstellenden Person?

      • Und gibt es hier Indizien, welche Entscheidungen getroffen worden oder welche technischen Limitationen in der Projektphase aufgetreten sind?

    4. Auseinandersetzung mit dem Mehrwert

      • Was bringt eine 3D-Rekonstruktion im konkreten Fall?

      • Hätte man das auch anders lösen können?

      • Oder bietet sie einen wichtigen Vorteil, der sowohl dem Projektziel als auch den Adressaten etwas bringt?

  2. Dokumentation und Kommunikation

    1. Generierte Daten und deren Erstellung müssen (nicht sollten!), immer dokumentiert werden - wie bei allen anderen wissenschaftlichen Abläufen auch.

      • Ist eine solche Dokumentation erstellt worden und wird zusammen mit der Rekonstruktion veröffentlicht (sei es in einer Fachzeitschrift, als Blog oder Hyperlink)?

      • Falls nein: sind wichtige Hintergrundinformationen zur Rekonstruktion in einem kurzen Begleittext mitgegeben worden, mit denen man irgendeinen wissenschaftlich Anhaltspunkt über die getroffenen Entscheidungen und Interpretationen herauslesen kann?

      • Falls dem auch nicht so ist, muss die Wissenschaftlichkeit der Rekonstruktion in Frage gestellt werden, ähnlich wie man es bei einem wissenschaftlichen Aufsatz ohne Fußnoten und Quellenverweise machen würde.

    2. Klare Sprache in der Vermittlung der Rekonstruktion, ihrer Entstehung und ihres Ziels. Dies kann bei der Einordnung der wissenschaftlichen Sorgfalt und Transparenz der Rekonstruktion und ihrer Dokumentation (nur falls vorhanden) dienen.

      • Werden Fachtermini ausreichend erklärt die über fachimmanente Termini hinausgeht?

      • Werden die Gedankengänge deutlich gemacht und ist eine Argumentationsstruktur erkennbar?

      • Werden ausreichende Literatur- und Quellenverweise gemacht, welche diese Argumentation logisch untermauert?

      • Sind eigene Interpretationen die über das Quellenmaterial hinausgehen kenntlich gemacht?

    3. Aufklärung und Kommunikation von Problemen, Schwierigkeiten und Unsicherheiten.

      • Werden Unsicherheiten und Probleme transparent beleuchtet und deren Lösung ausreichend erläutert (selbst - oder vor allem - wenn das Ziel ein fotorealistisches Endergebnis war und „perfekt“ aussehen soll)?

      • Werden in diesem Fall auch alternative Rekonstruktionsvorschläge gegeben oder auf solche verwiesen?

      • Werden stilistische Mittel eingesetzt, um Unsicherheiten zu markieren (was z.B. auf eine kritische und transparente Entstehung der Rekonstruktion hindeutet)?