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Visualisierung mit Geodaten

Der Einsatz von Visualisierungen kann Ihnen dabei helfen, ein Quellenkorpus auf Strukturen und Muster hin zu untersuchen. Dabei können verschiedene Arten von Visualisierungen unterschieden werden. Eine Visualisierungsmöglichkeit, die in der Geschichtswissenschaft sehr hilfreich ist und vielfältig eingesetzt werden kann, ist die Visualisierung von Datenpunkten bzw. Ereignissen mit Hilfe von geographischen Koordinaten. Im Folgenden werden Sie einige einführende Informationen finden, die sich ausschließlich mit dieser Visualisierungsmöglichkeit befassen. (Falls Sie an der Analyse von Netzwerken interessiert sind, die ebenfalls mit Visualisierungen arbeiten können, lesen Sie hier weiter: Netzwerktheorie.) Ich spreche bewusst von „einführenden Informationen“, da das Erarbeiten und Anlegen von praktikablen Visualisierungen einiges an Einarbeitungszeit benötigt. Ich hoffe jedoch, dass Sie aus diesem Wegweiser einige Informationen mitnehmen können, die Ihnen dabei helfen, sich die nötigen Grundkenntnisse für eine bessere Einschätzung anzueignen.

An dieser Stelle muss schon vorweggenommen werden, dass es leider keine wirklich niedrigschwelligen Möglichkeiten gibt, Kartenmaterial für historisches Arbeiten zu erstellen. Visualisierungen, die mit geographischen Koordinaten Ereignisse auf Landkarten verorten, werden für die Geschichtswissenschaft dann besonders interessant, wenn sie die verorteten Ereignisse mit chronologischen Daten kombiniert. Aber genau hier wird es schwierig, ein geeignetes Werkzeug zu finden, das die Anforderungen erfüllt, die wir als HistorikerInnen mitbringen. Hier fehlt bei gewerblichen Anbietern besonders häufig die Möglichkeit, eingetragene Geodaten mit einer zeitlichen Komponente zu verknüpfen und diese nach festgelegten Parametern zu filtern. Diese Einschränkung ist auf der anderen Seite jedoch nicht verwunderlich, da die wenigsten Softwareanwendungen speziell für den Einsatz in der Geschichtswissenschaft entwickelt worden sind. Nichtsdestotrotz gibt es einige Möglichkeiten, wie das Projekt „Geodatenvisualisierung in der Geschichtswissenschaft“ auch abseits groß angelegter Forschungsprojekte gelingen kann.

Für den ersten Einstieg in die Visualisierung von Geodaten sollten Sie sich mit einigen Konzepten vertraut machen. Auf der grundlegendsten Ebene benötigen Sie auf der einen Seite Daten, die Sie mit geographischen Informationen angereichert haben, und auf der anderen Seite eine Software/ein Werkzeug, die/das es Ihnen ermöglicht, die geographischen Informationen mit Kartenmaterial zu verknüpfen. Nutzen Sie dafür, wann immer es Ihnen möglich ist, standardisierte Normdaten. Das Verwenden von Normdaten ist die Basis dafür, dass das von Ihnen erstellte Kartenmaterial von anderen ForscherInnen nachgenutzt und mit anderen Projekten verbunden werden kann, die ebenfalls Normdaten verwenden. Solche standardisierten geographischen Informationen können Sie in Datenbanken wie GeoNames recherchieren. Sie werden feststellen, dass geographische Koordinaten in unterschiedlichen Notationen vorliegen und Sie müssen darauf achten, die für die jeweilige Anwendung passende Notation zu verwenden. Eine häufig verwendete Datenstruktur ist GeoJSON, die Koordinaten in der Form [Breitengrad, Längengrad] aufnimmt. Das Übertragen der Geoinformationen in ein solches standardisiertes Format sichert Ihnen die Möglichkeit, Ihre Daten mit verschiedenen Softwareanwendungen zu verwenden und automatisiert auslesen zu lassen. So kann z.B. die OpenSource-Bibliothek Leaflet dazu verwendet werden, aus einer GeoJSON-Datei geographische Informationen auszulesen und auf eine Karte zu markieren. Falls Sie sich dafür interessieren, Karten mit eigenen Daten anzulegen, schauen Sie sich diesen Quick Start Guide an. Die Verwendung einer Anwendung wie Leaflet erfordert jedoch einen Quelltext-Editor und grundlegende Kenntnisse in dessen Nutzung. Wenn Sie diese Hürden jedoch einmal genommen haben, steht Ihnen mit Leaflet ein vielfältig einsetzbares Tool zur Verfügung, dessen offener Charakter hohe Individualisierungsoptionen bieten (das IT-Zertifikat der Philosophischen Fakultät bietet Ihnen die Möglichkeit, sich die hier nötigen Kenntnisse anzueignen).

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Die Karte zeigt das Ergebnis einer geographischen Analyse der Orte, die mit dem schriftstellerischen Schaffen des Kölner Sammlers und Gelehrten Baron Adolph von Hüpsch (1730-1805) in Verbindung gebracht werden können. Die Karte wurde mit Leaflet umgesetzt. (Bild: Alexander Goebbels, CC-BY 4.0)

Eine Funktion, die Leaflet in der Basis-Bibliothek nicht bietet, ist das interaktive Filtern anhand chronologischer Daten. Das Einbinden einer solchen Funktion ist möglich, jedoch kein leichtes Unterfangen. Falls Sie eine größere Menge an Daten haben, die Sie visualisieren möchten, können Sie sich geographische Informationssysteme wie QGIS ansehen. Eine einstiegsfreundliche Variante bietet das Mapping mit GoogleMaps, die sich besonders dann anbietet, wenn Ihre Daten nicht auf einer chronologischen Ebene analysiert werden sollen. Die Datengrundlage für diese Variante kann mit jedem Tabellenkalkulationsprogramm erstellt werden. In jedem Fall benötigt die Aufbereitung der Daten für eine anschließende Visualisierung Zeit, und es muss daher gut überlegt sein, ob es sich bei der jeweiligen Forschungsfrage lohnt, diese Zeit zu investieren.

Für welche Variante Sie sich auch entscheiden, Sie müssen sich immer bewusst machen und dies auch für Ihre eigenen Karten kommunizieren, dass es sich bei diesen Visualisierungen um Konstruktionen handeln. Wenn Sie eine Karte erstellen, treffen Sie schon bei der Datenerhebung die Entscheidung, welche Informationen letztendlich dargestellt werden. Diese Entscheidungen haben weitreichende Konsequenzen für die Interpretationsmöglichkeiten, die eine Karte eröffnet. Aus diesem Grund sollten Sie stets dokumentieren, welche Entscheidungen sie bei der Erstellung der Karte getroffen haben.

Nichtsdestotrotz kann Sie eine Visualisierung auf der einen Seite dabei unterstützen, Strukturen in Ihren Quellen ausfindig zu machen und auf der anderen Seite Ihre Argumentation und die von Ihnen gefundenen Strukturen zu veranschaulichen. Ist die Einstiegshürde erst einmal genommen, haben Sie ein Werkzeug in der Hand, das sich sowohl für die Analyse als auch für die Argumentation gewinnbringend anwenden lässt.

Tutorials:

Tools/Beispiele:

Further Reading:

  • Silke Schwandt, "Visualisierungen als Quelle für historische Erkenntnis? Modellierungspraktiken in der (digitalen) Geschichtswissenschaft," in Geschichtstheorie am Werk, 12/04/2022, https://gtw.hypotheses.org/3675
  • Martyn Jessop, Digital visualization as a scholarly activity, Literary and Linguistic Computing, Volume 23, Issue 3, September 2008, Pages 281–293, https://doi.org/10.1093/llc/fqn016
  • Haas, Stefan: Vom Schreiben in Bildern. Visualität, Narrativität und digitale Medien in den historischen Wissenschaften. In: zeitenblicke, Jg. 5 (2006), Nr. 3. DOI: https://doi.org/10.25969/mediarep/4099
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