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Hintergrundwissen Netzwerktheorie/Netzwerkanalyse

In den Geisteswissenschaften – allem voran in der Archäologie – ist die (zunächst als soziale) Netzwerkanalyse erstmals in den 1970ern genutzt worden. Erst in den 1990ern kam die Methode durch leistungsfähigere Computer, die größere Datenmengen überhaupt verarbeiten konnten, zunehmend zum Einsatz. Netzwerk-basierten Ansätze bieten eine hohe Variabilität in Bezug auf die Datengrundlage aber auch die Skalierbarkeit von der Makro- bis zur Mikroebene. Sie erlauben nicht nur, die Struktur eines gesamten Netzwerkes an sich zu untersuchen, sondern auch die einzelnen Elemente und ihre Beziehungen an sich. Doch was ist an Netzwerken so besonders? Welche Erkenntnismöglichkeiten bieten sie, die mit ‚traditionellen‘ Techniken (oder auch schon moderneren, wie z.B. Geoinformationssystemen oder relationalen Datenbanken) nicht auch herauszufinden sind? Netzwerke und das Denken in Netzwerken setzen den Hauptfokus auf Beziehungen und Verbindungen. Darin liegt die Möglichkeit, diese Beziehungen zwischen Individuen, Gruppen oder immaterieller und materieller Kultur aus der Vergangenheit zu erfassen, zu verstehen und daraus weitere Rückschlüsse auf vergangenen Gesellschaften zu schließen. Die Geschichte der Netzwerktheorie entstammt dabei aus ganz unterschiedlichen Disziplinen.

Neben dem Begriff der Netzwerkanalyse begegnet uns auch der Begriff der Netzwerktheorie, wobei beide Begriffe oftmals synonym verwendet werden. Letztere entstammt dabei ganz unterschiedlichen Disziplinen von der Soziologie bis hin zur theoretischen Physik, was bedeutet, dass es die eine Netzwerktheorie nicht gibt. Die Unterscheidung zwischen Netzwerktheorie und Netzwerkanalyse (z.B. als die Methode zur Netzwerktheorie) ist außerdem auch nicht wirklich exakt zu ziehen, da bestimmte Methoden wiederum auf bestimmten theoretischen Grundkonzepten basieren (die meistens aus der Mathematik oder Physik stammen), die aber nicht per se etwas genuin mit Netzwerken zu tun haben. Dies ist auch ein Grund dafür, warum Netzwerktheorie und Netzwerkanalyse gern synonym verwendet werden. Ähnliches gilt auch für die Soziale-Netzwerk-Analyse (SNA), wenn diese als Synonym für Netzwerkanalyse genutzt wird, obwohl es nicht wirklich um soziale Netzwerke geht. SNA ist nur ein Teilaspekt von Netzwerktheorie, die einen bestimmten Kontext benötigt (soziale Interaktion und Beziehungen – da dieser Kontext aber schon sehr umfangreich bzw. umfassend und über alle Fächergrenzen hinweg anwendbar ist, ist die SNA auch so prominent vertreten in der Wahrnehmung).

Trotz dieser Uneindeutigkeiten ist eine Annäherung durch mehrere, vom Kontext abhängige Theorien und Ansätze möglich, da alle gemeinsame Grundkonzepte und -annahmen haben:

  • Die Einbettung von Entitäten (engl. entities) in ihr Umfeld. Entitäten können dabei Menschen, Gruppen, Städte (z.B. als geographische Orte), Akteure, Fundmaterial, usw. sein. Das Umfeld wiederum kann konkret ein (geographische) räumliches Umfeld sein, soziales Umfeld, ideologisches Umfeld, usw.
  • Diese Entitäten sind durch Beziehungen miteinander verbunden. Diese Beziehungen können sein: sozial (z.B. Freundschaft, Klientelverhältnis), räumlich (z.B. Entfernung), ideologisch (z.B. Religion), usw.
  • Diese Beziehungen (engl. relations) bilden Strukturen aus, die wiederum auf die eingebundenen Entitäten wirkt.
  • Dadurch entstehen Wechselwirkungen zwischen den Entitäten.
  • Diese Strukturen und Wechselwirkungen können (mathematisch) analysiert werden und (in den meisten Fällen) grafisch als Netzwerkdiagramme (sog. Graphen) dargestellt werden.

All diese Grundkonzepte machen die Netzwerktheorie und Netzwerkanalyse allgemein zugänglich für jede Fachrichtung und Fragestellung, die sich mit Beziehungen von Objekten/Menschen/Orten/usw. beschäftigen.

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