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Arbeiten mit Quellen

Analysemodell für Bildquellen nach Panofsky/Wohlfeil
 

1. Vor-ikonographische Beschreibung

Die erste Stufe dient der Beschreibung der wahrnehmbaren Bildgegenstände und ihres Aussehens: Bildaufbau, Beziehungen der Elemente zueinander, Texteinfügungen, Farbgebung, Hell-Dunkel-Ordnung usw. 

2. Ikonographisch-historische Analyse  

In der zweiten Stufe wird das Werk in seinen historischen Kontext eingeordnet und aus diesem heraus erklärt. Das Verfahren kann wiederum in drei Schritte zerlegt werden: 

Schritt 1: ikonographische Analyse 

Entschlüsselung von Motiven und Allegorien, Vergleiche mit Schriftquellen und weiteren kulturellen Zeugnissen, Vergleiche mit anderen Werken bzw. Künstlern, Auswertung der formalen Gestaltung 

Schritt 2: "Interpretation im engeren Sinn"  

Ermittlung des "sekundären Sinns" des Bildes als Ganzheit, d.i. die Aussage-Intention des Künstlers bzw. die "zeitgenössische Botschaft"  

Schritt 3: Ermittlung der historisch-gesellschaftlichen Einbindung des Bildes 

Aus den Ausführungen Wohlfeils zu Schritt 3 lässt sich folgender Katalog von Fragen extrahieren, die an das Bild zu stellen, wohl aber nur im Idealfall alle beantwortbar sind: 

Herkunft / Urheberschaft: 

  • Künstler? 
  • Auftraggeber? Stifter? Mäzen? (Anteil an der Urheberschaft?) 
  • Differenzen in der Intention von Künstler und Auftraggeber? 
  • Ort und Zeit der Entstehung? 
  • Technik? 
  • Original / Kopie? 

Gesellschaftliche Strukturen und Mentalitäten, in die Künstler bzw. Auftraggeber eingebunden waren:

  • soziales Beziehungsgefüge? 
  • politisches Umfeld? 
  • Bildung? 
  • Lebensumstände? 
  • Anlass zur Schaffung des Bildes? 
  • Warum genau dann und dort? 

Bild als Kommunikationsmittel: 

  • Mitteilungsabsicht? 
  • Adressaten? 
  • Funktionen des Bildes (liturgische, didaktische, soziale, rechtliche, propagandistische)? 
  • War das einzelne Bild Teil eines Bildprogramms? 
  • War das Bild repräsentativ für seine Zeit? 

Wirkungsgeschichtlicher Kontext: 

  • Wer konnte das Bild sehen?  
  • Verbreitung? 
  • Erwartungen und Vorkenntnisse des Bildbetrachters? 
  • War ein Bildprogramm zu seiner Zeit erfolgreich? (weiterentwickelt / verworfen?) 
  • spätere Wirkung, Interpretation, Veränderung, Fälschung? 

3. Interpretation: Erschließung des "historischen Dokumentsinns" 

Während in den vorausgegangegnen Arbeitsschritten Fragen an das Bild gerichtet wurden, die auch ein Zeitgenosse hätte stellen können, wird hier aus der zeitlichen Distanz und unter Einbezug des aktuellen Kenntnisstandes nach Antworten auf spezifische historische Fragestellungen – nicht etwa nach der Gesamtbedeutung des Bildes – gesucht. 

Der eigentliche Interpretationsschritt beruht auf der Annahme, dass der "historische Dokumentsinn" eines Bildes über die Aussageabsicht des Künstlers hinausgeht. Er wird vielmehr durch den sozialen Kontext, die Einbindung in Traditionen sowie Funktionen und Wirkungen eines Werkes mitkonstituiert.  

Das Bild wird nun als Ausdruck einer Mentalität, als (teilweise unbewusster) Kommentar zum Zeitgeschehen gelesen und ausgewertet.