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Deutschösterreichische Studenten im akademischen Kulturkampf 1859-1914

Disziplinierungsversuche der akademischen Führung

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Auf die teilweise chaotischen Zustände zwischen den Studentenverbindungen mussten die Universitätsleitungen reagieren. Manches Mal stürzten sich die Rektoren, wie Viktor von Ebner-Rosenhofen in Wien, selbst in die Auseinandersetzungen, um Schlimmeres zu verhindern, aber oftmals konnte nur die Polizei für Ordnung sorgen. <footnote data-anchor="anmerkung1" data-id="fn1">[1]</footnote>

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Auf den bereits erwähnten Beschluss, jüdischen Kommilitonen keine Satisfaktion zu geben, versuchten sowohl Hochschulleitung, als auch Behörden angemessene Antworten zu finden. Dabei war es bei einzelnen Verbindungen schon länger üblich, Juden die Satisfaktion zu verweigern. <footnote data-anchor="anmerkung2" data-id="fn2">[2]</footnote> Der Urheber des Beschlusses, Florian Albrecht, wurde dauerhaft von der Universität Wien relegiert. <footnote data-anchor="anmerkung3" data-id="fn3">[3]</footnote> Die Regierung reagierte zudem mit einem Vereinsverbot für die Verbindungen, die sich diesem so genannten Waidhofener Prinzip <footnote data-anchor="anmerkung4" data-id="fn4">[4]</footnote> angeschlossen, hatten und löste diese auf. Doch war dies nicht das erste Mal, dass Korporationen aufgelöst wurden, und so hatten diese bereits ihr eigenes Konzept entwickelt, das da war: Ersatzverbindungen. Schon im November 1896, also wenige Monate nach ihrer Auflösung, konnte sich eine Reihe von Vereinen wieder als Verband konstituieren. <footnote data-anchor="anmerkung5" data-id="fn5">[5]</footnote> Das Konzept, eine Ersatzverbindung zu gründen, war seit dem Aufkommen der Korporationen ein probates Mittel gewesen, um trotz Verbot schnellstmöglich wieder aktiv werden zu können. Die mitunter nur wenige Tage nach Auflösung vorgelegten Satzungen einer neuen Organisation, unter anderem Namen, aber mit den gleichen Mitgliedern, lässt darauf schließen, dass man stets mit einem Verbot rechnete und entsprechende Unterlagen in Reserve hatte. <footnote data-anchor="anmerkung6" data-id="fn6">[6]</footnote>

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Folglich griffen diese Versuche zu kurz. Abgesehen von der Relegation einzelner Studenten blieb den Hochschulleitungen jedoch kein wirksames Mittel. Ihre Bemühungen, einen geregelten, störungsfreien Lehrbetrieb zu gewährleisten, wurden zudem von politischer Seite gestört. So ergriffen deutschnationale Politiker Partei für die antisemitischen Krawallmacher, wie beispielsweise Karl Hermann Wolf, der zudem Mitglied der Burschenschaft Ghibellinia Prag war, und Dr. von Mühlwerth, angehörig der Burschenschaften Frankonia Graz und Teutonia Wien. <footnote data-anchor="anmerkung7" data-id="fn7">[7]</footnote> Unterstützt wurde dies noch durch eine eigene politische Presse. So waren einige führende Deutschnationale als Journalisten für entsprechende Zeitungen und Zeitschriften tätig oder selbst Herausgeber. Als Beispiele seien die Ostdeutsche Rundschau von Karl Hermann Wolf, die Unverfälschten Deutschen Worte von Georg von Schönerer, <footnote data-anchor="anmerkung8" data-id="fn8">[8]</footnote> das Egerer Tagblatt <footnote data-anchor="anmerkung9" data-id="fn9">[9]</footnote> oder das Grazer Tagblatt <footnote data-anchor="anmerkung10" data-id="fn10">[10]</footnote> genannt. So gelang es den jeweiligen Hochschulrektoren und auch den Behörden nicht, die seit den 1890ern Jahren verstärkt auftretenden Ausschreitungen der Studenten unter Kontrolle zu bringen. Es stellten sich bestenfalls Phasen der Beruhigung ein, doch schwelten die Konflikte unter der Oberfläche weiter.

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Es stellt sich insbesondere vor der geschilderten Eskalation des Jahres 1913 in Wien die Frage, ob ohne den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und dessen vorübergehend integrativer Wirkung auf die unterschiedlichen Milieus des Vielvölkerstaates ein Auseinanderbrechen der Habsburgermonarchie schon vor 1918 die Folge gewesen wäre.
 

Anmerkungen

<footnote data-anchor="fn1" data-id="anmerkung1">[1]</footnote> Neue Freie Presse 27. Juni 1908, Nr. 15751, Abendblatt, S. 3.

<footnote data-anchor="fn2" data-id="anmerkung2">[2]</footnote> So bei der Wiener Burschenschaft Libertas. Beiträge zur Geschichte der deutschen Studentenschaft Wiens. In: Die Wartburg. Zeitschrift für den ostmärkischen Burschenschafter. Heft 7, Juli 1913, 14. Jahrgang. Wien 1913. S. 159-166, S. 166.

<footnote data-anchor="fn3" data-id="anmerkung3">[3]</footnote> Ostdeutsche Rundschau 5. April 1896, VII. Jg., Nr. 95, S. 8.

<footnote data-anchor="fn4" data-id="anmerkung4">[4]</footnote> Knoll, Kurt: Die Geschichte der schlesischen akademischen Landsmannschaft „Oppavia“ in Wien. Im Rahmen der allgemeinen studentischen Entwicklung an den Wiener Hochschulen. Wien 1923. S. 456-462.

<footnote data-anchor="fn5" data-id="anmerkung5">[5]</footnote> Gladen, Paulgerhard/ Bertrams, Kurt U.: Die deutsch-völkischen Korporationsverbände. Hilden 2009. S. 33-35. Für einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Waidhofener Verbandes siehe S. 26-40.

<footnote data-anchor="fn6" data-id="anmerkung6">[6]</footnote> Knoll: Oppavia, S. 467-468.

<footnote data-anchor="fn7" data-id="anmerkung7">[7]</footnote> Ostdeutsche Rundschau 24. Mai 1913, XX. Jg, Nr. 140, S. 6. Dvorak, Helge: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Heidelberg. Band I: Politiker, Teilband 6 (2005): T-Z, S. 366-368, und Band I: Politiker, Teilband 4 (2000): M-Q, S. 143f.

<footnote data-anchor="fn8" data-id="anmerkung8">[8]</footnote> Höbelt, Lothar: Kornblume und Kaiseradler. Die deutschfreiheitlichen Parteien Altösterreichs 1882-1918. Wien 1993. S. 302.

<footnote data-anchor="fn9" data-id="anmerkung9">[9]</footnote> Wlakdika, Michael: Hitlers Vätergeneration. Die Ursprünge des Nationalsozialismus in der k. u. k. Monarchie. Wien 2005. S. 380f.

<footnote data-anchor="fn10" data-id="anmerkung10">[10]</footnote> Höbelt: Kornblume S. 297.

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