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Wiener Studenten und Wiener Bürger im Spätmittelalter. Die Geschichte einer schwierigen Beziehung

Wiener Studenten und Wiener Bürger

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Ob es ihnen schon angenehm war, oder nicht, mussten die Universitätsmitglieder und die Wiener Bürger aber immer wieder miteinander auch kooperieren – vor allem in extremen Situationen, wie in Seuchenzeiten oder bei Feindesbedrohung. So wurde zum Beispiel die Hilfe der Professoren während der Belagerung Wiens durch den König Matthias Corvinus (1485) mehrfach in Anspruch genommen. Sie fungierten als Delegierte, führten die Verhandlungen mit dem König und halfen bei der Formulierung des Kapitulationsvertrages. Andererseits wollte die Bürgerschaft die akademische Gemeinde an den städtischen Lasten, Stadtsteuern oder persönlichen Diensten wie z.B. Schanzarbeiten und der Stadtverteidigung, mitleiden lassen, wogegen diese aufgrund ihrer Privilegien oft protestierte - letztlich musste sie aber immer wieder auch einlenken <footnote data-id="fn1" data-anchor="anmerkung1">[1]</footnote>.

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Die Wiener Bürger sind als Studierende an der Universität wenig vertreten (soweit jedenfalls der aktuelle Befund), ein Phänomen, das auch in anderen Universitätsstädten beobachtet werden konnte. Während des Spätmittelalters (1365-1505) betrug der Anteil der aus Wien und Umgebung herkommenden Universitätsbesucher bloß 1,8%. Auf das Bildungsinteresse der Wiener Bevölkerung kann man damit aber keine Rückschlüsse ziehen. Vielfach absolvierten die Bildungswilligen in ihrer Heimatstadt nur die Grundausbildung in einer Lateinschule, um dann an eine Universität „im Ausland“ zu gehen <footnote data-id="fn2" data-anchor="anmerkung2">[2]</footnote>.

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Was sich die Bürgerschaft von der Universität wahrscheinlich aber erwartete, war die Ausbildung einer Elite in Kirche, Regierung und Stadtverwaltung. Seit dem 14. Jh. finden wir in der letzteren Absolventen der Universität Wien. Unter den Personen im städtischen Dienst, z. B. Bürgermeister, Stadtrichter und Stadtschreiber, die inskribiert waren, gab es vorwiegend Juristen und einige Mediziner - zum Teil mit Graduierung. Schulmeister waren hingegen in der Regel Magister oder Bakkalare der Artistenfakultät oder auch Artisten ohne Graduierung <footnote data-id="fn3" data-anchor="anmerkung3">[3]</footnote>. Von den im Zeitraum von 1396 bis 1526 in der Stadtverwaltung insgesamt 556 tätigen Personen findet man nur 72 in der Hauptmatrikel der Wiener Universität wieder, d. h. nur 13%, wobei eine Graduierung nur in 20 Fällen angegeben wird (11 Juristen, 3 Mediziner, 6 Artisten). Im Gegensatz zu dem insgesamt geringen Studienbesuch der Wiener Bevölkerung an ihrer Universität, war die Frequenz künftiger städtischer Amtsträger also um einiges höher <footnote data-id="fn4" data-anchor="anmerkung4">[4]</footnote>.
 

Anmerkungen

<footnote data-id="anmerkung1" data-anchor="fn1">[1]</footnote>  Kurt Mühlberger, Universität und Stadt im 14. und 15. Jahrhundert am Beispiel Wiens. Wesentliche Grundlagen und ausgewählte Szenen einer „konfliktbeladenen Harmonie“, in: Die Universität Wien im Konzert europäischer Bildungszentren. 14.-16. Jahrhundert, ed. Kurt Mühlberger–Meta Niederkorn-Bruck (VIÖG 56, Wien 2010) 53-86, hier 78.

<footnote data-id="anmerkung2" data-anchor="fn2">[2]</footnote> Vgl. Maximilian Schuh, Von alten Bürgern und jungen Studenten im spätmittelalterlichen Ingolstadt. Universität und Stadt im Generationenkonflikt?, in: Generationen in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten (ca. 1250-1750), ed. Mark Häberlein-Christian Kuhn–Lina Hörl (Konflikte und Kultur – historische Perspektiven, Konstanz 2011) 73–92, hier 76.

<footnote data-id="anmerkung3" data-anchor="fn3">[3]</footnote> Ingrid Matschinegg, Bildung und Mobilität, Wiener Studenten an italienischen Universitäten in der frühen Neuzeit, in: Aspekte der Bildungs- und Universitätsgeschichte, 16. Bis 19. Jahrhundert, hg.: Kurt Mühlberger-Thomas Maisel (Schriften UAW 7, Wien 1993) 307–331. Vgl. Marianne Hovorka, Die Wiener als Studenten an der Wiener Universität im Spätmittelalter (1365-1518) (Wien 1982).

<footnote data-id="anmerkung4" data-anchor="fn4">[4]</footnote> Richard Perger, Die Wiener Ratsbürger 1396-1526. (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 18, Wien 1988) 22-25. Siehe auch Mühlberger, Universität und Stadt, 81.

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