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Finanzierung von Universitätsstudien während der Reformation – Studentische Briefe aus dem Stadtarchiv von Kaschau (Košice in der Ostslowakei)

Analyse der Kaschauer Studienfinanzierungen

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Die Geschichte von Georgius Buntzler illustriert sehr gut einen Fall, in dem ein Student durch den Stadtrat über lange Zeit unterstützt wurde, hier insgesamt sieben Jahre. Jedoch zeigen seine Briefe aus Wittenberg auch, daß es nicht einfach war, diese langfristige Unterstützung zu erhalten und daß wohl nur eine gewisse Anzahl von Bittbriefen zu einem positiven Ergebnis führen würde. Buntzler bekam vermutlich zunächst ab 1586 für zwei Jahre Unterstützungsleistungen, wonach es für ihn sogar schwierig wurde, an Mittel aus seinem eigenen Erbe zu gelangen. Die Tatsache, daß sein Vater in der Zwischenzeit gestorben war wird eine weitere Erklärung sein, warum es notwendig für Buntzler wurde, sich insbesondere an den Stadtrat zu wenden: zwar erhielt er vermutlich in gewissen Umfang finanzielle Unterstüttzung von seiner eigenen Familie, die aber wohl nach dem Tode seines Vaters eingeschränkt wurde. Diese Umstände erklären die steigende Zahl von Briefen in den Jahren 1589 und 1590 ebenso, wie ihr früheres Fehlen zu dem Zeitpunkt, als die Finanzierung seines Studiums ganz offensichtlich gesichert war.

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Ein wichtiges Thema sind die Bedingungen, die Studenten erfüllen mussten, um finanzielle Unterstützung durch den Stadtrat überhaupt zu erhalten. Fleiß und guter Wille wurden vom Studenten verlangt. Um eine Einschätzung vornehmen zu können, spielten die Empfehlungsschreiben von früheren oder gegenwärtigen Lehrer über den betreffenden Studenten eine gewisse Rolle, wie auch die Fürsprache von hochgestellten Verwandten oder einflussreicher Leute in der Stadt. Beide Möglichkeiten wurden von Studenten aus Kaschau genutzt, um finanzielle Unterstützung zu erhalten.

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Eine der wichtigsten Bedingungen – wenn man eine Reihe von Fällen analysiert - für die Bewilligung von finanzieller Unterstützung war die Rückkehr des Nutznießers nach Kaschau, um im weiteren Verlauf dann Positionen in der Stadt und der Region (die Entscheidung über den konkreten Ort lag beim Stadtrat) ein- oder seine frühere Tätigkeit wieder aufzunehmen. Im kaschauer Stadtarchiv findet sich ein gut dokumentierter Fall, der diese Anforderungen beschreibt. Jacob Melczer war Student in Wittenberg von 1566 bis vermutlich 1570. <footnote data-anchor="anmerkung1" data-id="fn1">[1]</footnote> Er erhielt 200 Florin vom Stadtrat für sein Studium, vermutlich 50 Florin pro Jahr für insgesamt vier Jahre.

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In seinen beiden Briefen aus Wittenberg an den Stadtrat – einen 1566 und einen anderen 1568 – bedankte er sich für die Finanzierung durch den Stadtrat während zweier Jahre. Im November 1570 kehrte er nach Kaschau zurück und arbeitete als Lehrer an einer Schule. <footnote data-anchor="anmerkung2" data-id="fn2">[2]</footnote> Fünf Jahre später schreibt Melczer an den Stadrat, um die Genehmigung zu erhalten, die Schule zu verlassen und Priester zu werden. Der Stadtrat akzeptierte diese Entscheidung, er wurde jedoch verpflichtet, an der Schule weiter zu unterrichten, bis ein Ersatz für ihn gefunden war. <footnote data-anchor="anmerkung3" data-id="fn3">[3]</footnote> Melczer stimmte zu; drei Jahre später, 1578, konnte er jedoch immer noch als Mitarbeiter der Schule identifiziert werden. <footnote data-anchor="anmerkung4" data-id="fn4">[4]</footnote> Eine Notiz vom 26. August 1578 in den Stadtdokumenten erwähnt: 

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Jacobus  Melczer soll vorbleyben in seinem dinst undt mit der Besoldung, so er bis anher gehabt, vorleb nehmen undt darmit vulent sein. Wo er solches nicht thun wirdt, soll er birg seczen vor die 200 fl., so im  gemeine Statt dem seinem studiren zu gutt vorgestreckt, oder aber soll die selbigen abdinen, <footnote data-anchor="anmerkung5" data-id="fn5">[5]</footnote> 

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was ein klarer Verweis auf die Beschränkungen war, die dieser Rat bei der Finanzierung während des Studiums anlegte. Jacob Melczer erhielt schließlich die Erlaubnis des Stadtrates nach Brieg - heute in Polen – zu fahren, um als Priester ordiniert zu werden und bekam sogar 9 Florin, um seine Reiseausgaben zu decken. Jedoch wurde diese Erlaubnis nur unter der Bedingung erteilt, diese Unterstützung über 9 Florin sowie die früher, für das Studium in Wittenberg noch zu Verfügung gestellte Summe von 200 Florin zurückzuzahlen, konkret 50 Florin pro Jahr, was zur damaligen Zeit eine bedeutende Summe war, selbst für einen ausübenden Stadtpriester.
 

Anmerkungen

<footnote data-anchor="fn1" data-id="anmerkung1">[1]</footnote> Es gibt zwei Briefe von Jacob Melczer aus Wittenberg, aus den Jahren 1566 und 1568: AMK H I, no. 2764/181and no. 2925/94.

<footnote data-anchor="fn2" data-id="anmerkung2">[2]</footnote> AMK, H III/2, MAC 16, folio 74v.: 1570, die 21 novembris. Jacobus Melczer in scholae nostrae collaboratorem solemniter est introductus et installatus habita oratione de literis et eorum dignitate et utilitate.

<footnote data-anchor="fn3" data-id="anmerkung3">[3]</footnote> H III/2, MAC 18, folio 31r.: 1575. Die 4 martii. Jacobus Melczer veniam ab officio collaboraturae accepit et senatus concessit, ita tamen, ut in officio maneat, donec successor illi invenitur.

<footnote data-anchor="fn4" data-id="anmerkung4">[4]</footnote> H III/2, MAC 21, folio 27r.: 1578. Jacobus Melczer vocatus et susceptus est praesente et consentiente domino pastore in germanicum scholae collaboratorem ad integrum annum. Actum 13 Februarii, hoc est feria 5 ante Dominicam Invocavit. (H III/2, MAC 21, folio 3r. ; 1578). 1578. Die 22. Augusti. De Jacobo Melczero collaboratori deliberatum est a senatu, ut maneat per annum integrum. Promissum honorarium ipsi ab inclyto senatu peracto anno.

<footnote data-anchor="fn5" data-id="anmerkung5">[5]</footnote> AMK H III/2, MAC 21, folio 28r: Jacobus  Melczer soll vorbleyben in seinem dinst undt mit der Besoldung, so er bis anher gehabt, vorleb nehmen undt darmit vulent sein. Wo er solches nicht thun wirdt, soll er birg seczen vor die 200 fl., so im  gemeine Statt dem seinem studiren zu gutt vorgestreckt, oder aber soll die selbigen abdinen.