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Finanzierung von Universitätsstudien während der Reformation  – Studentische Briefe aus dem Stadtarchiv von Kaschau (Košice in der Ostslowakei)

Der Student Georgius Buntzler

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Im Folgenden möchte ich ein Beispiel für städtische Studienfinanzierung in der frühen Neuzeit vorstellen. Es geht um einen gewissen Georgius Buntzler, der finanzielle Unterstützung durch den Kaschauer Stadtrat bereits von dem Zeitpunkt an erhielt, als er noch Schüler an der städtischen Schule in Jihlava, in Mähren war und diese ohne Unterbrechung bis zu seinem Studium in Wittenberg erhält. Buntzler war Mitglied einer gut verdienenden Kaschauer Bürgerfamilie und Sohn von Michael Buntzler - Stadtrat in der Zeit von 1565 bis 1584 - und ein Verwandter von Caspar Schneider, ebenfalls Mitglied des Kaschauer Stadtrates von 1574 bis 1593. Neun Briefe mit Angaben zu der akademischen Entwicklung dieses Studenten sind in der Sammlung des Stadtarchives erhalten geblieben, wovon sieben von Buntzler selbst verfasst wurden. Der erste Brief vom 30. September 1583 stammt aus Jihlava, wo Buntzler die Stadtschule besuchte. <footnote data-id="fn1" data-anchor="anmerkung1">[1]</footnote> In diesem Brief erwähnt der junge Mann, daß er auf Vorschlag seines Vaters an den kaschauer Stadtrat geschrieben hat, um sich für die zurückliegende finanzielle Unterstützung zu bedanken. Aus einem weiteren Brief geht hervor, daß Buntzler sehr stark vom kaschauer Stadtrat in Jihlava unterstützt wurde, und sogar einen seiner Lehrer, Benedictus Salmuth, in der Funktion als Privatlehrer bezahlte. 1583 sandte eben dieser Salmuth einen Brief an Martinus Wentzell - den Richter von Kaschau – in dem er die Fortschritte des Schülers beschrieb und dem Stadtrat Anerkennung und Dank für die Unterstützung des jungen Mannes und seiner Person ausssprach. Darüber hinaus erwähnt er das große Interesse des Vaters an der Entwicklung seines Sohnes, das sich durch einen intensiven Briefwechsel mit ihm, Salmuth, selbst  und der Vertretung der Interessen seines Sohnes vor dem Kaschauer Stadtrat äußerte, dessen Mitglied Vater Buntzler ja auch selber war. <footnote data-id="fn2" data-anchor="anmerkung2">[2]</footnote>

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1586 schrieb sich Buntzler-Sohn an der Universität Wittenberg ein. <footnote data-id="fn3" data-anchor="anmerkung3">[3]</footnote> Sechs weitere, im Stadtarchiv erhaltene, Briefe von ihm wurden innerhalb von zwei Jahren gesandt, 1589 und 1590, als er noch Student an dieser Institution war. <footnote data-id="fn4" data-anchor="anmerkung4">[4]</footnote>  Der erste Brief vom 30. Januar 1589 bittet um finanzielle Unterstützung. Der nächste, vom Mai 1589, ist ein Dank für die in der Zwischenzeit erhaltene finanzielle Unterstützung und enthält eine Reihe interessanter Detailangaben zur Finanzierung. Hier bittet er um die Überweisung von 30 zusätzlichen Florin aus seinem eigenen Erbe, welches offensichtlich vom Stadtrat kontrolliert wurde. <footnote data-id="fn5" data-anchor="anmerkung5">[5]</footnote>

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Der dritte Brief von Buntzler stammt ebenfalls aus Wittenberg, vom August 1589. Seine Hoffnung, der Stadtrat würde ganz und gar den Nutzen der Fortsetzung seines Studiums verstehen und nicht aufhören, ihn zu unterstützen, ist das Thema. Dieser Inhalt lässt erahnen, dass das vorher erbetene Stipendium plus die zusätzlichen 30 Florin noch nicht bei ihm eingetroffen waren. Der vierte Brief wurde am gleichen Tag mit dem dritten Brief an den Stadtrat versandt, allerdings auf Deutsch. Hier erklärt Buntzler, dass er diesen zusätzlichen Brief in seiner Muttersprache geschrieben habe, damit alle Ratsmitglieder seine Verantwortung vor der Heimat auch wertschätzen können. 

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Da Buntzler bisher von der Stadt unterstützt worden war, hoffte er, daß diese Förderung für ein weiteres Jahr fortbestehen würde, um sein Studium in Wittenberg erfolgreich abzuschließen. Sein gegenwärtiger Mangel an Geld würde – wie der Student den Lesern seines Briefes versichert – ihn dennoch nicht veranlassen, sein Studium zu unterbrechen, selbst wenn er dann nur von Brot und Wasser leben würde. Grundsätzliche Notwendigkeiten eines Studenten werden aufgeführt, wie zum Beispiel Unterkunft, Bücher, Kleidung, Licht, Holz, ein Bett und anderes, Ausgaben, die es unmöglich machen würden, von nur 75 taler (Florin) pro Jahr zu leben. Jedoch, schreibt er weiter, wäre er schon glücklich, wenn er wenigstens diese Summe erhielte. Sollte es für die Stadt schwierig sein, seiner Bitte statt zu geben, wäre seine letzte Hoffnung die Übersendung von 50 taler (Florin) aus dem Erbe seines Vaters, andernfalls könne er nicht in Wittenberg bleiben – den ich sonst alchier nicht weiss zue verbleiben ohne zerrung, sondern werde gezwungen, die studia zueverlassen unnd heim zue ziehen […] – ein Entschluß, der für ihn eine so große seelische Belastung sein würde, daß er dann am liebsten nie nach Wittenberg gekommen wäre – wolte lieber wunschen das ich Wittenberg nicht gesehen hette.

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Buntzler sandte seinen fünften Brief aus Wittenberg im Oktober 1589. In diesem kurzen Brief bat er den Stadtrat inständig, ihm die – im vorhergehenden Brief erwähnten - 50 Florin zu überweisen und verspricht alle Anstrengungen seinerseits, um den Stadtrat zufriedenzustellen. Der sechste Brief ist vom März 1590. Hierin erwähnt er seine Freude über einen Brief vom Stadtrat, indem der Überweisung der erbetenen 50 Florin zugestimmt wurde. Der Brief selbst enthält eine kurze Bemerkung vermutlich vom Stadtkämmerer, der die Bereitstellung der genannten Summe bestätigte –    Ratt haben beschlossen die 50 fl. fürzustrecken.
 

Anmerkungen

<footnote data-id="anmerkung1" data-anchor="fn1">[1]</footnote> Archív mesta Košice/Stadtarchiv der Stadt Kaschau (weiterhin AMK), Halaganum (weiterhin H) I, no. 3772/115.

<footnote data-id="anmerkung2" data-anchor="fn2">[2]</footnote> AMK, H I, no. 3772/119.

<footnote data-id="anmerkung3" data-anchor="fn3">[3]</footnote> Album Academiae Vitebergensis, zweites Volumen, 335.

<footnote data-id="anmerkung4" data-anchor="fn4">[4]</footnote> AMK H I, no. 4121/101; no. 4121/2; no. 4121/118; no. 4121/119; no. 4121/43; no. 4226/145.

<footnote data-id="anmerkung5" data-anchor="fn5">[5]</footnote> Sein Vater starb vermutlich kurz nach 1585.