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Jahresdatierung

Inkarnationsjahre

Die Inkarnationsjahre bezeichnen die Jahre seit der „Fleischwerdung des Herrn“, also die Jahre nach Christi Geburt. Sie werden in römischen Ziffern angegeben. Diese römischen Ziffern haben einen festen Wert, also keinen Stellenwert wie die arabischen Ziffern. Die Zeichen sind:

I V X L C D M
10  50  100  500  1000 

Die klassischen römischen Angaben wie IV (= 4), IX (= 9), XIV (= 14), etc. werden in mittelalterlichen Texten oft vereinfacht wiedergegeben (IIII, VIIII, XIIII, etc.).


Jahreswechsel

Der Jahresanfang, d.h. die Erhöhung der Jahreszahl um eine Einheit, wurde erst in der Neuzeit auf den 1. Januar festgelegt. Im Mittelalter werden sechs (bzw. sieben) verschiedene Jahresanfänge verwendet (vgl. Grotefend: Taschenbuch, S. 11–14):

1.         1. Januar Circumcisionsstil
2.        1. März Altrömischer/Vorcäsarischer Jahresanfang
3./4. 25. März Annunciationsstil
5.   Oster- oder Paschalstil (Osterfest, variabel)
6.      1. September Byzantinischer Jahresanfang
7.     25. Dezember Weihnachts-/Nativitätsstil


Bei 6. und 7. liegt der Jahreswechsel vor dem heute gebräuchlichen am 1. Januar, bei 2. und 5. danach.

Bei 3. und 4. (Annunciationsstil) kann das Jahr am 25. März vor unserem Jahresanfang wechseln oder am 25. März nach unserem Jahresanfang.

Der Grotefend gibt Auskunft darüber, welcher Stil in welcher Kanzlei bzw. zu welcher Zeit an welchem Ort verwendet wurde.


Datierung nach Herrschaftsjahren/Pontifikatsjahren

Gerade die Urkunden von Amtsträgern datieren gerne nach den Regierungsjahren des Königs (Zählung nach Jahren seit der Königswahl, der Königserhebung oder Ordination) oder dem Pontifikatsjahr des Papstes. Wichtig: Das „Amtsjahr“ beginnt immer mit dem exakten Amtsantrittsdatum (ähnlich wie unsere Lebensjahre mit dem Geburtstag).

Für die Auflösung von Datierungen nach Herrschafts-/Pontifikatsjahren können Herrscher- und Papstlisten herangezogen werden (vgl. Grotefend: Taschenbuch, S. 111–129).

Beispiel:
Data XI kal. mart. anno incarnationis domini DCCCCVIIII, indictione XII, regnante domno Hludouuico anno X; actum Holzchiricha; in domino feliciter AMEN
.

Übersetzung:
Gegeben am 11. Tag vor den Kalenden des März, im 909. Jahr der Fleischwerdung des Herrn, in der 12. Indiktion, im 10. Jahr der Königsherrschaft des Herrn Ludwig; verhandelt zu Holzkirchen; im Herrn glücklich Amen.

Nach Grotefend        Ludwig IV. das Kind, König seit dem 4. Februar 900.
11. Kal. März 909 28 + 2 - 11 = 19. Februar
12. Indiktion (r.) 909 + 3 = 912 : 15 = 60/Rest 12
10. Königsjahr (r.)

909 – 900 (König seit dem 4. Feb. 900) = 9 + 1 = 10, denn das 9.
Königsjahr endete bereits am 3. Februar 909, und ab dem 4. Februar
909 befand sich Ludwig im 10. Königsjahr.


Wenn das Datum des Regierungsantritts eines Herrschers (= der Beginn eines Regierungsjahres) vor dem Tagesdatum der Urkunde liegt, ist die errechnete Differenz um 1 zu erhöhen!


Indiktion

In Urkunden des Früh- und Hochmittelalters wird zusätzlich oft die Indiktion angegeben. Der spätrömische Kaiser Diokletian richtete die Indiktion im Jahr 297 n. Chr. als regelmäßigen Steuerzyklus ein. Konstantin der Große wandelte diese Praxis seit 313 in einen theoretisch bereits 312 beginnenden Zyklus von 15 Jahren um. Der Indiktionszyklus bezeichnet also einen 15-jährigen Steuerzyklus. Die Indiktionszahl gibt dabei die Stellung des angegebenen Jahres innerhalb dieses Zyklus an. Da das Jahr 312 als der Beginn eines solchen Zyklus quellenmäßig belegt ist, ergäbe sich bei einer Zurückrechnung das Jahr 3 v. Chr. als ein weiterer Beginn eines Indiktionszyklus. Daher kontrolliert man diese Jahresangabe dadurch, dass man zu der angegebenen Jahreszahl 3 hinzuaddiert und diese Summe durch 15 dividiert. Der Rest ergibt die Indiktionszahl. Wenn der Rest = 0 ist, ergibt sich die Indiktion 15.

Beispiel: Die Indiktionszahl des Jahres 753 ist 6 (753 + 3 = 756 : 15 = 50 Rest 6).

Es können jedoch Schwankungen um 1 auftreten, da sich die Kalenderjahre und das Indiktionsjahr nicht immer vollständig decken, d.h. der Indiktionswechsel vollzieht sich nicht immer gleichzeitig mit dem Jahreswechsel.

Neben den Jahreswechseln sind auch die verschiedenen Möglichkeiten des Indiktions­wechsels im Mittelalter zu beachten (vgl. Grotefend: Taschenbuch, S. 8f.):

Indictio Graeca (1. September)
Indictio Senensis  (8. September)
Indictio Bedana (24. September)
Indictio Romana (25. Dezember oder 1. Januar)


Für die ersten acht Monate ist die Indiktion bei allen vier Zählungen gleich! Der Grotefend gibt Auskunft darüber, welcher Indiktionswechsel in welcher Kanzlei bzw. zu welcher Zeit an welchem Ort verwendet wurde.

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